Not­stand im Gesundheitswesen

Die Erfah­rung zeigt, dass man­che Kran­ken­kas­sen (gesetz­lich oder pri­vat) Unter­su­chun­gen nicht bezah­len, die für eine ursa­chen­be­zo­ge­ne Dia­gnos­tik und The­ra­pie nötig und wirk­sam sind. Das hat meh­re­re Gründe:

Es wer­den meist nur die Kos­ten über­nom­men, die nach EBM – Kri­te­ri­en (= evi­denz­ba­sier­te Medi­zin) not­wen­dig sind. Hier stützt sich die Medi­zin auf die Ergeb­nis­se wis­sen­schaft­li­cher Stu­di­en, die die Wirk­sam­keit einer The­ra­pie bzw. eines Medi­ka­men­tes bele­gen sol­len. Lei­der sind die meis­ten Stu­di­en direkt oder indi­rekt von der Phar­ma­in­dus­trie finan­ziert und deren Ergeb­nis­se sind – höf­lich aus­ge­drückt – auf­fal­lend oft vor­teil­haft für die Phar­ma­in­dus­trie. Die meis­ten Uni­ver­si­tä­ten müs­sen ein­ge­ste­hen, dass ein Groß­teil der dort lau­fen­den Stu­di­en von der Phar­ma­in­dus­trie finan­ziert wird, da Staats­mit­tel nicht zur Ver­fü­gung ste­hen. Laut der renom­mier­ten Zeit­schrift Natu­re mani­pu­liert jeder 3. wis­sen­schaft­li­che Autor sei­ne Ergeb­nis­se durch Unter­schla­gung oder Um-Inter­pre­tie­rung von nega­ti­ven Fak­ten, um den Inter­es­sen des Auf­trag­ge­bers ent­ge­gen zu kom­men. (Mar­tin­son BC et al.: Sci­en­tist beha­ving bad­ly. Natu­re 2005; 435:737–38) (Zyl­ka- Men­horn: jeder Drit­te ist unred­lich. Deut­sches Ärz­te­blatt 2005: 102: B1567-68). Laut dem Coch­ra­ne –Insti­tut, der welt­wei­te „TÜV“ für wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en, genü­gen 90% unse­rer EBM Stu­di­en nicht den stren­gen inter­na­tio­na­len Stan­dards. Auf genau die­se Stu­di­en stützt sich aber die nor­ma­le, sym­ptom­be­zo­ge­ne Medi­zin. Lie­ber nie eine Ursa­che für eine Krank­heit her­aus­fin­den, dafür aber viel Geld in Stu­di­en ste­cken, die die Wirk­sam­keit der zur Behand­lung ver­ord­ne­ten Medi­ka­men­te bewei­sen sollen.

Eine Gegen­be­we­gung fin­det man­gels Geld­ge­ber lei­der nicht statt. Nie­mand hat das Inter­es­se bzw. das Geld längst bekann­te Fak­ten nach EBM-Richt­li­ni­en zu bewei­sen, z.B. dass der Kör­per bei einem Man­gel an der natür­li­chen essen­ti­el­len Ami­no­säu­re Tryp­top­han selbst kein Glücks­hor­mon Sero­to­nin her­stel­len kann. Ohne Tryp­top­han gibt’s kein Sero­to­nin. Genau das ist aber häu­fig die bio­che­mi­sche Ursa­che für Depres­si­on und Burn­out. Beschrie­ben ist das in jedem bio­che­mi­schen Lehr­buch – aber nicht bewie­sen nach EBM-Kri­te­ri­en. Eini­ge Kas­sen wei­gern sich dar­um die ursa­chen­be­zo­ge­ne Blut­un­ter­su­chung auf Tryp­top­han zu bezah­len, und geben statt des­sen meh­re­re Mil­li­ar­den jähr­lich für zwei­fel­haf­te, mit star­ken Neben­wir­kun­gen behaf­te­te Medi­ka­men­te aus, den so genann­ten Sero­to­nin­wie­der­auf­nah­me­hem­mern. Hier konn­te eine Wirk­sam­keit in 35 % der Fäl­le nach­ge­wie­sen wer­den. Zum Ver­gleich: Pla­ce­bo wirkt in 30% der Fäl­le. Und für die­sen Unter­schied von 5 % geben wir Mil­li­ar­den aus – Ten­denz steil steigend!

Wei­ter­hin hängt die EBM zwangs­läu­fig der medi­zi­ni­schen Ent­wick­lung hin­ter­her. Es müs­sen ja immer erst die Stu­di­en abge­war­tet wer­den, die eine Wirk­sam­keit bewei­sen. Der ers­te Arzt, der über einen Herz­ka­the­der effek­tiv einen Herz­in­farkt ver­hin­dert hat, han­del­te allen EBM-Richt­li­ni­en zuwi­der. Jede Kran­ken­kas­se hät­te die­se The­ra­pie abge­lehnt und die Kos­ten nicht über­nom­men. Heu­te ist das Stan­dard. Vor 20 Jah­ren emp­fahl und bezahl­te die eta­blier­te Medi­zin Hor­mon­be­hand­lun­gen bei Frau­en, um Osteo­po­ro­se, Krebs und Herz­in­farkt zu ver­hin­dern. Heu­te ist genau das Gegen­teil bekannt: eben die­se Behand­lung för­dert Krebs und Herzinfarkt.

Ähn­li­ches gilt für die Erstat­tung von Medi­ka­men­ten. Seit 2004 dür­fen von der Kran­ken­has­se nur noch ver­schrei­bungs­pflich­ti­ge Medi­ka­men­te bezahlt wer­den. Alles was man selbst ohne Rezept (weil es prak­tisch kei­ne Neben­wir­kun­gen hat) kau­fen kann, wird nicht erstat­tet. Ein Bei­spiel: Wenn der Arzt bei Ihnen als Ursa­che für Müdig­keit, Haar­aus­fall, Mund­win­kel­ris­se und Atem­not einen Eisen­man­gel fest­ge­stellt hat, müs­sen Sie das Eisen­prä­pa­rat selbst bezah­len. Das Glei­che gilt für Zink. Im kör­per­ei­ge­nen Stoff­wech­sel wird neben Tryp­top­han Zink zur Her­stel­lung von Glücks­hor­mo­nen benö­tigt. Zink wird nicht bezahlt, dafür aber die viel teu­re­ren Psy­cho­phar­ma­ka und Stimmungsaufheller.

Wei­ter­hin bemüht sich die Phar­ma­in­dus­trie, alt bewähr­te aber wenig lukra­ti­ve Mit­tel vom Markt zu ver­drän­gen, indem sie Wirk­sam­keits­nach­wei­se for­dert. Die­se sind aber sehr teu­er, und für alt­be­währ­te Haus­mit­tel nicht zu finan­zie­ren. Ein Bei­spiel: Arni­ka-Sal­be hilft effek­tiv bei der Wund­hei­lung, bei Ver­stau­chun­gen, Blut­ergüs­sen und Quet­schun­gen, was zwar im rei­chen Erfah­rungs­schatz der Volks­me­di­zin ver­an­kert ist – das wur­de aber mit kei­ner medi­zi­ni­schen Stu­die bewie­sen. Dar­um darf die Indi­ka­ti­on „för­dert die Wund­hei­lung“ oder „hilft bei Wund­hei­lungs­stö­run­gen“ neu­er­dings weder auf der Ver­pa­ckung noch auf dem Wasch­zet­tel aus­ge­lobt wer­den. Dar­um wer­den alt bewähr­te Mit­tel nach und nach vom Markt verschwinden.

Sum­ma sum­ma­rum hängt das Wis­sen der deut­schen Ärz­te der inter­na­tio­na­len Ent­wick­lung hin­ter­her. Die wis­sen­schaft­li­che Welt nimmt kei­ne Notiz von Deutsch­land, da unse­re wis­sen­schaft­li­chen Stu­di­en nicht dem inter­na­tio­na­len Anspruch genü­gen. Umge­kehrt hinkt die deut­sche Medi­zin den inter­na­tio­na­len wis­sen­schaft­li­chen Stan­dards hin­ter­her, da die Stu­di­en alle­samt in Eng­lisch ver­öf­fent­licht wer­den. Und die lesen die meis­ten deut­schen Ärz­te nicht. Die bezie­hen ihr Wis­sen häu­fig aus den von der Phar­ma­in­dus­trie geschön­ten Hoch­glanz­bro­schü­ren mit den zuvor beschrie­be­nen „auf­fal­lend oft posi­tiv“ aus­fal­len­den Ergeb­nis­sen für die Pharmaindustrie.

Last but not least hat die Phar­ma­in­dus­trie die größ­te und mäch­tigs­te Lob­by in Deutsch­land. An der haben sich bis­her alle Gesund­heits­mi­nis­ter die Zäh­ne aus­ge­bis­sen. Zu groß ist der Kuchen der ver­teilt wird. Daher schickt die Phar­ma­in­dus­trie ihre bes­ten Mit­ar­bei­ter ins Ren­nen, die dann auf mit­tel­mä­ßi­ge Poli­ti­ker mit mini­ma­lem Sach­ver­stand tref­fen. Das Ergeb­nis ist bekannt. Der „Ver­band der for­schen­den Phar­ma­un­ter­neh­men“ gibt 5 % für die For­schung aus, aber 95 % für Mar­ke­ting und Lob­by­ar­beit. Und weil das gan­ze schon lan­ge so läuft, ist der Filz so undurch­sich­tig gewor­den und die Gehirn­wä­sche bei den Ärz­ten so effek­tiv gewe­sen, dass gegen die­sen „Nor­mal­zu­stand“ kaum jemand aufbegehrt.

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1 Kommentar zu „Not­stand im Gesundheitswesen“

  1. Es gibt noch einen Akteur, denn auch Ver­si­che­run­gen las­sen ihre Inter­es­se vertreten.
    Da geht es dann in die Rich­tung psy­chi­sche Ursa­chen zu unter­stel­len die angeb­lich dann auch kei­nen Zusam­men­hang zu der eigent­li­chen Ursa­che hat.
    https://www.anstageslicht.de/themen/gesundheit/krank-durch-arbeit-oder-das-schattenreich-von-arbeitsmedizin-und-gesetzlicher-unfallversicherung/die-berufsgenossenschaft-verkehr-oder-wer-nicht-krank-ist-kostet-nichts/

    Ein Sys­tem, bei dem Heil­be­hand­lun­gen vor­sätz­lich unter­las­sen wer­den, den das was abge­strit­ten und nicht doku­men­tiert wur­de exis­tiert offi­zi­ell nicht.
    Und die Fol­ge­kos­ten haben ande­re zu tragen.

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Dr. med. Spitzbart

Facharzt für präventive und orthomolekulare Medizin

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Dr. Spitzbart ist spezialisiert auf präventive und orthomolekulare Medizin und leitet die erste Praxis in Österreich für Gesunde.

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